04.06.2025
Fulbright Kommission

„Ich wurde fast als lernunfähig eingestuft – heute bin ich Fotograf, Autor und Fulbright-Alumnus“

Solche Erlebnisse können – ähnlich wie wir es bei Algorithmen in den sozialen Medien beobachten – zu sich selbst verstärkenden Gedankenschleifen führen, die man immer wieder durchläuft. Und genau so ein innerer Algorithmus hatte sich auch in meinem Kopf festgesetzt: ein Kreislauf aus Selbstzweifeln, Minderwertigkeitsgefühlen und Ohnmacht.

Das erste Mal, dass dieser Kreislauf bewusst unterbrochen wurde, war in der siebten oder achten Klasse – durch eine eigentlich beiläufige Begegnung. Ein Bekannter fragte mich – wie so viele zuvor –, welche Schule ich besuche und wie meine Noten seien. Ich antwortete mit den üblichen Ausflüchten, kleinlaut und defensiv – fast schon auswendig gelernt. Aber seine Reaktion war völlig anders als erwartet: kein Mitleid, keine Herablassung. Stattdessen sagte er einfach: „Ich habe einen Freund, der war auch auf der Hauptschule. Heute studiert er Medizin und will Doktor werden.“

Dieser eine Satz, obwohl ich den Freund nie getroffen habe, veränderte alles. Plötzlich war da ein Gegenbeispiel, ein konkreter Mensch mit einem ähnlichen Hintergrund, dem der Aufstieg gelungen war. Und wenn es für ihn möglich war – warum nicht auch für mich?

Dieser Moment war für mich wie ein Lichtstrahl in einem dunklen Raum. Er hat mir Hoffnung gegeben und den Anstoß, mich Schritt für Schritt aus meinen destruktiven Gedankenschleifen zu befreien. Es war kein schneller Prozess, aber ich habe begonnen, an mich zu glauben – und bin weitergegangen.

2. Ein journalistisches Langzeitprojekt in Deutschland: Als jemand, der seit vielen Jahren im Ausland lebt, verfolge ich die politischen Entwicklungen in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit – und auch Sorge. Ab der zweiten Jahreshälfte 2025 möchte ich eine umfassende dokumentarische Recherche starten, um Stimmen aus ganz Deutschland zu sammeln. Es geht mir darum, gesellschaftliche Dynamiken, Spannungen und Hoffnungen in verschiedenen Regionen und sozialen Schichten sichtbar zu machen.

3. Bildungsengagement: Der Vortrag an der Gutenbergschule hat mich tief bewegt. Die Reaktionen zeigen mir, wie groß der Bedarf an echten, ehrlichen Geschichten ist. Ich plane deshalb, künftig deutschlandweit an Schulen zu sprechen – am liebsten in Kombination mit Workshops zu Fotografie, Identität oder dem Publizieren eigener Bücher. Ich möchte Jugendlichen zeigen: Es ist nie zu spät, die eigene Geschichte selbst zu schreiben.


Lieber Viktor, deine Geschichte zeigt eindrucksvoll, was transatlantische Bildung leisten kann: Sie eröffnet nicht nur neue Horizonte, sondern hinterfragt auch alte Begrenzungen – und ermutigt andere, sich selbst neu zu denken.

Wir danken dir für das Gespräch und wünschen dir weiterhin viel Erfolg – auf allen Wegen, die du noch kreuzt.

 

#fulbrightstories
#transatlantictransformation